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Arbeitslosigkeit bekämpfen statt Arbeitslose bestrafen

Barbara Blaha
15. April 2025
Arbeitslosigkeit bekämpfen statt Arbeitslose bestrafen

Die Regierungsklausur wäre eine wichtige Gelegenheit gewesen, die zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit mit mutigen Reformen zu bekämpfen. Aktuell sind knapp 132.000 Menschen seit mehr als einem Jahr ohne Job – ein neuer Höchststand seit April 2022. Fast jede:r dritte Erwerbsarbeitslose gehört inzwischen zur Gruppe der Langzeitbeschäftigungslosen. Anstatt jedoch beherzt einzugreifen, setzt die Regierung erneut Maßnahmen, die zusätzliche Härten für Betroffene bedeuten.

Die nun beschlossene Einschränkung des geringfügigen Zuverdienstes trifft vor allem jene Menschen, die ohnehin schon massiv unter der angespannten Arbeitsmarktsituation leiden. Anstatt Arbeitslose weiter unter Druck zu setzen, wären nachhaltige Lösungen gefragt: Allen voran gezielte Qualifizierungs- und Beschäftigungsprogramme in Zukunftsbranchen wie Pflege, öffentlicher Verkehr und Erneuerbare Energien. Diese Maßnahmen könnten sowohl die Langzeitarbeitslosigkeit effektiv senken als auch Österreichs Wettbewerbsfähigkeit in klimasozialen Technologien stärken.

Hinzu kommt, dass ältere Arbeitnehmer:innen – besonders Frauen – nachweislich diskriminiert werden. Aktuelle Studien zeigen eindeutig, dass die Chancen auf dem Arbeitsmarkt mit steigendem Alter dramatisch sinken, was nicht an mangelnder Qualifikation, sondern an hartnäckigen Vorurteilen liegt. So erhalten ältere Arbeitslose um bis zu 50 Prozent weniger Einladungen zu Vorstellungsgesprächen: Für jeweils zehn zusätzliche Lebensjahre sinkt die Rate der Rückrufe um rund fünf Prozent. Besonders dramatisch ist die Situation für Menschen nahe dem Pensionsantrittsalter: Hier liegt die Rate der Rückrufe bei nur noch 2-3 Prozent. Gerade für Frauen verschlechtert sich die Lage mit zunehmendem Alter drastisch: Ihre Chancen sinken schneller als bei Männern und Altersdiskriminierung zieht sich durch alle Branchen. Arbeitgeber:innen führen als Gründe häufig stereotype Annahmen an, wonach Ambition, Flexibilität und Lernfähigkeit mit steigendem Alter abnehmen würden. Gerade vor dem Hintergrund der bevorstehenden Erhöhung des Frauenpensionsalters sind Unternehmen dringend gefordert, ihre Rekrutierungsprozesse kritisch zu reflektieren und aktiv gegen Altersdiskriminierung vorzugehen.

Zusätzlich verschärft sich die soziale Lage vieler Betroffener zunehmend. Mittlerweile ist jede:r dritte Arbeitslose armutsgefährdet, bei Langzeitarbeitslosen sogar jede:r zweite. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld liegt mit 1.091 Euro rund 300 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle. Das Arbeitslosengeld verfehlt sein eigentliches Ziel für Menschen in prekären Lagen: die Existenzsicherung.

Die Erfahrungen aus dem erfolgreichen Pilotprojekt „Arbeitsplatzgarantie Marienthal“ könnten hier wegweisend sein: Eine garantierte Beschäftigung verbesserte die Lebensbedingungen der Betroffenen nachhaltig und schuf Perspektiven – psychisch, sozial und finanziell. Jetzt wäre der Mut gefragt, eine Jobgarantie für ganz Österreich auszurollen, statt Verschärfungen auf dem Rücken der Arbeitslosen zu beschließen.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar im Kurier.

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