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Kinderarmut: Zwei Euro am Tag reichen nicht

Barbara Blaha
27. Juni 2023
Kinderarmut: Zwei Euro am Tag reichen nicht

1,3 Millionen Menschen in Österreich sind armutsgefährdet, fast jeder 4. davon ist ein Kind. Jedes fünfte Kind hierzulande lebt an oder unter der Armutsgrenze. Ein Armutszeugnis für das neuntreichste Land Europas. Am fehlenden Wohlstand kann es also nicht liegen, wenn Kinder am Monatsende manchmal hungrig ins Bett gehen. Doch vom gemeinsam erarbeiteten Wohlstand bekommen zu viele zu wenig.

Den dringenden Handlungsbedarf hat nun auch die Regierung erkannt. Wer Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld bekommt, oder unter 2.000 Euro brutto verdient, erhält für sein Kind monatlich 60 Euro zusätzlich – allerdings zeitlich begrenzt bis Ende 2024. Das sind rund 2 Euro täglich. Das ist ein wichtiger Schritt nach vorn. Wer fast nichts hat, kann jeden Euro gut gebrauchen. Doch das Kinderarmutspaket ist viel zu klein dimensioniert. Es hebt nur eines von neun armen Kindern aus der Armut.

Mit umgerechnet 2 Euro am Tag pro Kind steht gerade einmal eine Tiefkühlpizza am Tisch. Ein gesundes Mittagessen ist darum nicht zu bekommen. Einer alleinerziehenden Mama, die gerade auf Jobsuche ist, fehlen im Schnitt nun immer noch fast 300 Euro an die Armutsgrenze. Hat die Mama nicht ein, sondern zwei Kinder fehlen fast 500 Euro auf diese Grenze – und das Monat für Monat.

Weiterhin völlig allein lässt die Regierung all jene, die ihren Job verloren haben: Bis heute wurde das Arbeitslosengeld nicht an die Rekordteuerung angepasst. Wer seit Anfang letzten Jahres auf Jobsuche ist, muss monatlich 206 Euro an Kaufkraftverlust allein stemmen.

Wer Kinder und Erwachsene in Österreich dauerhaft gegen Armut absichern möchte, muss die Sozialleistungen armutsfest gestalten. Wer Kinderarmut abschaffen will, könnte eine Kindergrundsicherung einführen. Die Volkshilfe hat die Kosten dafür bereits berechnet. Nur knapp 4 Milliarden Euro würde es uns kosten, damit kein Kind mehr in einer ungeheizten Wohnung lebt. Koste es, was es wolle, war das politische Motto, dass Unternehmen und Konzerne durch die Corona-Krise geleitet hat. 38 Milliarden Euro wurde an Subventionen ausgeschüttet, unabhängig davon, ob die großzügige Finanzspritze vom Unternehmen überhaupt benötigt wurde. Parlament, Rechnungshof und Nationalbank haben die Praxis scharf kritisiert. Nun prüft die Vorgänge sogar der Verfassungsgerichtshof.

Ein armutsfester Sozialstaat wäre leistbar, es scheitert allein am politischen Willen. Ein erster wichtiger Schritt wäre mehr Balance in unserem Steuersystem. Von 100 Steuereuros kommen über 80 aus Arbeit und Konsum, doch nur 4 Euros aus dem Vermögen. In den nächsten 30 Jahren werden rund 600 Milliarden Euro vererbt und zwar völlig steuerfrei. In den EU-Ländern werden Erbschaften mehrheitlich versteuert. Österreich zählt mit nur acht Ländern zu jenen ohne Erbschaftssteuer. Hier könnte man nachjustieren und die jüngst erfolgte Senkung der Gewinnsteuern für Konzerne wieder rückgängig machen. Allein diese Steuersenkung nimmt uns jedes Jahr 1 Milliarde Euro Spielraum im Budget. Geld, das wir im Kampf gegen Kinderarmut dringend brauchen können.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Kleinen Zeitung.

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